Die chronische Erkrankung des Zahnfleisches bzw. die Entzündung der natürlichen Taschen um den Zahn und die Wurzel herum durch Bakterien, fachlich Parodontitis genannt, hat auf die allgemeine Gesundheit des Menschen einen großen Einfluss.
Diagnose und Therapie sind weltweit bekannt und wissenschaftlich gesichert. Dennoch wird die Krankheit von den hiesigen zahnärztlichen Institutionen bagatellisiert und ist daher seit Jahrzenten der Öffentlichkeit recht wenig gegenwärtig.
So herrscht in Deutschland eine große Diskrepanz zwischen den tätigen Therapeuten und den real benötigten Behandlern bei der Bekämpfung (Therapie) der Krankheit Parodontitis.
Den westlichen Ländern Frankreich und Österreich geht es ähnlich.
Eine Reihe von westlichen Ländern ist da deutlich weiter. Hier seien als Beispiele Norwegen, Schweden, Finnland, die Niederlande, die Schweiz, die USA und Kanada genannt.
Diese Website möchte aufzeigen, was diese Krankheit ist und wie sie konsequent und nachhaltig behandelt werden kann.
Der deutschen Forschung ist die Wichtigkeit der Bekämpfung der Parodontitis bekannt. So erscheinen jährlich viele Veröffentlichungen. Um neue Möglichkeiten aufzeigen, diese Volkskrankheit zu erkennen, also zu diagnostizieren.
Das Bewusstsein der Bevölkerung wird durch Veröffentlichungen in den Medien ein wenig geweckt. Patienten zahlen regelmäßig um die 100 Euro um sich gegen Zahnfleischerkrankungen behandeln zu lassen. Behandlungen, die das Voranschreiten der Erkrankung oft nur wenig beeinflussen.
Zur Brisanz und der weiten Verbreitung der Krankheit gibt es von den verantwortlichen Gremien (Krankenkassen, Zahnärzten, Bundesgesundheitsamt) keine breitflächige Aufklärung der Bevölkerung.
Warum?
Es ist wohl eine Mischung von vielen Komponenten.
Es beginnt schon an der Hochschule.
Innerhalb der zahnärztlichen Lehre ist die Stundenzahl „Parodontitis“ an den Hochschulen deutlich zu gering gewichtet. Denn weiterhin werden in den klinischen Semestern Kariologie (Löcher in den Zähnen) und Prothetik (Ersatz der verlorenen Zähne) zu schwer gewichtet.
Es gibt einen weiteren wissenschaftlich aufgezeigten Zusammenhang zwischen der an der Universität zeitlich gelehrten Thematik (Parodontologie, Prothetik, Kariologie u.a.) und der später in der Praxis vom Zahnarzt prozentual ausgeführten Behandlungen (etwa 3-4 Prozent).
Auch sorgen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) also die zahnärztlichen Abrechnungsstellen in Deutschland dafür, dass sich das nicht wesentlich ändert.
Jedes Quartal bekommt ein Zahnarzt, der über die KZV mit den Kassen abrechnet, eine sehr detaillierte Statistik über sein Tun in den vergangenen drei Monaten. So wird jeder Zahnarzt, der mehr Patienten an Parodontitis behandelt, durch die Statistik (warum haben Sie mehr Parodontitisfälle als Ihre Kollegen?) schnell erkannt und auffällig. Dieses Ausbrechen aus der Norm führt zu Nachfragen der KZV. Weiteres Mehrbehandeln von Zahnfleischentzündungen führt dann zu zeitaufwendigen Nachweisen in Form von schriftlichen Begründungen seitens des Zahnarztes. Im Zweifelsfall ergeben sich Wirtschaftlichkeitsverfahren und Sanktionen für den Zahnarzt. So kann es passieren, dass der Zahnarzt seine durchgeführten Behandlungen aus eigener Tasche bezahlt.
In Münster/Westfalen-Lippe gibt es die Möglichkeit sich als Spezialist für Parodontitis zu qualifizieren. Aber auch eine Kollegin , die diesen Spezialisten gemacht hat, entgeht dem Wirtschaftlichkeitsverfahren nicht. Bei der Wirtschaftlichkeitsverhandlung in der KZV wird sie von einem der älteren Kollegen beiseite genommen und er meint zu ihr allen Ernstes:“ Liebe Kollegin, müssen sie denn ihre Parodontalsonde (Gerät zum Messen der Taschentiefe) in jede Tasche führen? Kein Wunder, dass sie so viele Parodontitis-Fälle haben!“(Eickhorst; 2011)
Nicht erst seit der „Deutschen Mundgesundheitsstudie IV“ von 2006 ist den Zahnärztekammern klar, dass wir in Deutschland ein Problem haben.
In der Parodontitis fiel die Untersuchung recht katastrophal aus: über 70 Prozent der Deutschen ab 45 Jahren haben eine mittlere oder schwere Erkrankung ihrer Zahnfleischtaschen! Das sind bis zu 12 Millionen Patienten. Sie alle verlieren über kurz oder lang ihre Zähne und benötigen Zahnprothetik!
Es gibt in der Welt nicht nur Gremien, Kommissionen und Blockierer, sondern auch Visionäre. Solch einer war der amerikanische Zahnarzt und Parodontologe Alfred C. Fones.
Er erkannte, dass er alleine als Zahnarzt nicht in der Lage sein würde, seine Patienten über die Jahre hinweg, was die Zahnfleischtaschen angeht, gesund zu erhalten. Er entwickelte den Beruf der „Dental Hygienist (Dentalhygienikerin, abgekürzt DH)“. Wann ?
Schon 1913 eröffnete die erste Schule ihre Pforten. Es gibt ein Bild aus den 1930iger Jahren -in den USA kümmern sich oft die Firmen um ihre Mitarbeiter – von der Fotofirma KODAK. Dort arbeiten eine ganze Reihe von Dentalhygienikerinnen (DH) in einem großen langen Saal.
Weltweit ist dieser Beruf ein Erfolgsmodell: ca. 350 000 von ihnen gibt es offiziell.
In Deutschland arbeiten um 1980 eine kleine Anzahl von 400 meist im Ausland ausgebildete DH. Noch nicht anerkannt als Beruf, also eher „schwarz“, geduldet.
Es gibt Prozesse seitens der AOK wegen der Fraglichkeit der Selbstständigkeit..
Gesundheitsminister Seehofer (!) öffnet das Medizingesetz 1984 und nun sind sie offiziell berechtigt, hier zu Lande zu arbeiten.
Prof. Dr. Kleber veröffentlichte 2013 die Zahl von 400 DH in Deutschland. Trotz der neuen Schulen (das Pfaff-Institut hier in Berlin ist stolz darauf in sieben Jahren einhundert Dentalhygienikerinnen modular ausgebildet zu haben) steigen die Zahlen nicht wesentlich. Das ist bei dem von der Bundeszahnärztekammer gewählten Weg der modularen Fortbildung auch nicht möglich Die Anforderungen an Zeit und Aufwand sind sehr hoch.
Warum Dentalhygienikerinnen?
Jeder menschliche Zahn hat eine natürliche Tasche, in die sich Bakterien einnisten.
Nach der Art der Bakterien und nach dem Immunsystem des Patienten, nach der Lebensweise und der Pflege durch den Patienten vermehren sich die Bakterien und führen ihr zerstörerisches Werk durch.
Glreichzeitig schützen sich die Bakterien durch einen sie umgebenden BIOFILM.
Die Taschen werden tiefer und tiefer und entziehen sich dadurch dem Einfluss des Menschen durch Putzen oder Spüllösungen. Der Knochen wird zerstört und die Wurzeln können den Kauakt, der ja große Kräfte freisetzt, nicht mehr schadlos überstehen. Die Zähne werden locker und müssen raus, entweder von alleine oder durch den Zahnarzt.
Das ist aber nicht das Hauptproblem.
Während der gesamten Lebenszeit des Patienten vermehren sich die mehr oder weniger vorhandenen Bakterien (Verdoppelung alle 20 Minuten). Und sie versuchen in den Körper des Menschen zu gelangen. Was ihnen auch gelingt.
Diabetes, Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Entzündungen an künstlichen Gelenken werden durch diese Bakterien verursacht oder zumindest verstärkt. Das Immunsystem ist ein Leben lang damit beschäftigt, die einströmenden Bakterien zu vernichten.
Und der Visonär Fones erkannte, dass nur eine regelmäßige Taschenreinigung beim Patienten zu einer dauerhaften Reduzierung der Bakterien führt. Aber ihm war auch klar, dass nur eine ganz besondere Ausbildung den Erfolg der Behandlung garantieren mochte:
1) Die DH müssen meist in den zahnfleischtaschen ohne direkte Sicht auf ihre Arbeitsfläche, die Wurzeloberfläche, arbeiten. Ganz anders die deutsche Prophylaxehelferin, die die Oberflächen außerhalb des Zahnfleisches säubert. Diese überschaut man gut!
2) Die Wurzeloberflächen sind extrem unterschiedlich gestaltet. Die Backenzähne haben bis zu vier Wurzeln, deren verschiedene Oberflächenstrukturen von der DH ertastet werden müssen. Nur eine gründliche bis penible Ausbildung, in Theorie und Praxis, führt da zum Erfolg.
3) Die an einer Seite extrem scharfen Scaler und Kuretten müssen möglichst ohne Verletzung des Zahnfleisches geführt werden. Gleichzeitig muss aber Kraft von der DH aufgewendet werden, um die angewachsenen Konkremente (harte Ablagerungen voller Bakterien) zu lösen.
Die heutigen Ultraschallgeräte sind sicher eine willkommene Hilfe gerade bei Erstpatienten. Auch die Pulverstrahlgeräte verbessern das Endergebnis.
Aber eine händische Reinigung und Kontrolle ist unabdingbar.
Die Erkrankung der Zahnfleischtaschen ist sehr vielfältig. Genauso breit muss die klinische Ausbildung sein. Es gibt heutzutage eine Menge an diagnostischen Möglichkeiten, aber das Entscheidende ist die mechanische Reinigung der Tasche. Erst sekundär ist es wichtig, sämtliche Register der Diagnostik ziehen zu können.
Das deutsche System krankt.
Die Kassen zahlen eine Erstbehandlung.
Aber dann muss der Patient in ein sogenanntes RECALL überführt werden.
Das heißt, dass er in engster Zusammenarbeit mit der Dentalhygienikerin nach einer gewissen Zeit wieder zur Kontrolle oder zu einer erneuten Taschenbehandlung in der Praxis erscheinen MUSS.
Eine bereits entwickelte Parodontitis oder die Tendenz dazu, hat man sein Leben lang.
Die in Deutschland sich ausbreitende Behandlungsform ist fragwürdig. Ich kann eine Parodontitis nicht durch eine Einmalbehandlung dauerhaft therapieren.
Eine privat bezahlte „unterstützende Parodontitistherapie“ mittels einer Prophylaxehelferin erfüllt nicht die Grundlagen eines weltweit anerkannten RECALLS. Denn wenn die Bakterien nur wenig beseitigt werden oder ganz in Ruhe gelassen werden, dann ist das keine wirksame Behandlung.
Wir haben 12 Millionen Parodontitispatienten, eventuell sogar mehr. Wir brauchen endlich genügend Dentalhygienikerinnen für alle.
Und das kann nicht sein, dass wir Zahnärzte unseren Präventionsgedanken vor lauter Zukunftsangst außen vorlassen. Auch in der Schweiz oder anderen Ländern mit zahlreichen DH haben die Zahnärzte ihr Auskommen.
Mit relativ geringen Mitteln kann eine regelmäßige Behandlung durch eine Dentalhygienikerin schwere Erkrankungen des Menschen vorbeugen, verhindern oder abschwächen!
Wir müssen wieder dem Wohle des Patienten dienen!